Ich bin nun bereits einen Monat in Bangladesch. Irgendwie
gefällt es mir ganz gut hier und doch ist es manchmal einfach nur frustrierend
und mühsam, täglich diese ganze Armut zu sehen. Das Team ist super. Christoph hat
mich am Wochenende leider verlassen, aber die neue österreichische Kollegin ist
auch ganz nett und wir verstehen uns schon gut.
Unsere Ernährungsstation füllt sich langsam wieder. Der neue Rekord liegt bei 6 unterernährten Kindern. Gerne hätten wir mehr Kinder hier, aber oftmals dürfen die Frauen mit ihren Kindern nicht kommen, da der Ehemann ihnen dies „verbietet“ oder sie arbeiten müssen und sie 1. den Job nicht verlieren wollen und 2. das Geld dringend benötigen. Gerade letzte Woche konnten wir aber in einem längeren Gespräch eine Lösung mit Gross- bzw. Schwiegermutter finden, so dass das Kind nun doch bei uns aufgefüttert werden kann. Aktuell haben wir z.B. ein 9 monatiges Kind hier, das 4.0kg wog bei Aufnahme. Vergangene Woche war es so drückend heiss und der Strom fiel täglich mehrfach aus, so dass die Hitze ohne Ventilatoren kaum auszuhalten war – dies spürten leider auch die Kinder und nahmen nur ungenügend zu in dieser Zeit.
Das National Museum in Dhaka ist etwa gleich schlecht, wie das soeben erwähnte Museum. Ja, es ist wohl das schlechteste Museum, das ich je besucht hatte. Mit 90 Rappen wohl auch das billigste… Alle „Dinge“ waren einfach der Reihe nach aufgestellt in Glasvitrinen. Praktisch zu keiner Vitrine gab’s eine Erklärung. Nur der Name des Kleidungsstückes, des Musikinstrumentes, der Münze oder was auch immer, aber alles in einem völlig losen Kontext. Im obersten Stock gab es noch eine „Schweizer Ecke“. Dinge, die die Schweizer Botschaft dem Museum gespendet hatte…nach der Besichtigung dieser Gegenstände wusste ich nicht mehr, ob die Schweiz oder Bangladesch ein Entwicklungsland ist…diese Gegenstände im Naturhistorischen Museum in Appenzell wären ja voll ok, aber mit so alten Gegenständen sollte man die Schweiz jetzt nicht unbedingt „anpreisen“ – das dürfte sich unsere Botschaft also wirklich etwas mehr ins Zeug legen!
Mittlerweile hab ich nur noch 10 Arbeitstage vor mir. Ich freue mich auf ein Jogging in der Natur. Die Bewegung fehlt mir wirklich. Zwei- bis dreimal die 5-6Stockwerke hoch ist grad alles, was ich hier schaffe…mehr ist hier aber aus zwei Gründen nicht möglich: Luftverschmutzung und Hitze! Zudem wäre wohl der Park am Ende der Manda-Road der einzige Ort, wo sowas machbar wäre, ohne dass ich mich verlaufen würde… die Hitze war wirklich unerträglich in letzter Zeit – ich sehne mich nach abkühlendem Regen. Selbst nachts fällt die Temperatur (gemäss Internet-Wetter-Recherchen) nicht unter 26/27°C!! und wenn dann der Strom ausfällt und der Ventilator nur noch mit halber Kraft läuft…irgendwie freue ich mich auf den Schweizer Sommer... bis bald!
Arbeit
Das Gesundheitssystem in Bangladesch ist sehr speziell.
Einerseits gibt es hier staatliche Impfzentren und die Kinder sind hier so gut
durch geimpft, wie es sich jeder Infektiologe wünschen würde. Interessant aber,
dass nur Masern geimpft wird und nicht wie bei uns MMR (Masern, Mumps und
Röteln). Wir sahen jetzt schon ein paar Mumps-Kinder mit den typischen
Hamsterbacken. Auch Vitamin A wird den Kindern gratis vom Staat abgegeben. Die
staatlichen, öffentlichen Krankenhäuser sind grundsätzlich gratis, jedoch
scheint dann doch wieder jeder Arzt irgendwie ein Honorar zu verlangen, so dass
sich viele Patienten dies dann wiederum doch nicht leisten können. Jene, die es
sich dann aber leisten können, gehen lieber in ein privates Krankenhaus, wo
dann die Ärzte wiederum eine ganze Palette an sinnlosen Abklärungen verordnen…es
ist wirklich ein Graus, was diese „Privaten Ärzte“ teilweise verordnen. Die
meisten Abklärungen (Labor, Röntgen, Ultraschall etc.) bringen erstmals nur dem
Geldbeutel des Arztes etwas, da diese irgendwelche Verträge mit den Labors
haben und somit daran mitverdienen. Die Leid tragenden sind meistens die
Patienten und viele kommen dann zu uns, da wir die Kosten für die Abklärungen
übernehmen, sofern WIR dies verordnen. Es ist manchmal nicht einfach, diesen
Patienten zu erklären, dass diese Abklärungen völlig sinnlos sind und keinen
weiteren Nutzen bringen. Auch sehen wir viele Patienten, die wegen ihrem
Schnupfen bereits in der Apotheke waren und dort schon irgend ein
Breitbandantibiotikum für 2 Tage erhalten haben…Apotheker hier dürfen praktisch
alles abgeben und sie geben auch alles ab, was Geld gibt – sinnvoll oder nicht,
es gibt Geld. Ausser Blutdruck messen können sie ja keine weitere Diagnostik
machen.Unsere Ernährungsstation füllt sich langsam wieder. Der neue Rekord liegt bei 6 unterernährten Kindern. Gerne hätten wir mehr Kinder hier, aber oftmals dürfen die Frauen mit ihren Kindern nicht kommen, da der Ehemann ihnen dies „verbietet“ oder sie arbeiten müssen und sie 1. den Job nicht verlieren wollen und 2. das Geld dringend benötigen. Gerade letzte Woche konnten wir aber in einem längeren Gespräch eine Lösung mit Gross- bzw. Schwiegermutter finden, so dass das Kind nun doch bei uns aufgefüttert werden kann. Aktuell haben wir z.B. ein 9 monatiges Kind hier, das 4.0kg wog bei Aufnahme. Vergangene Woche war es so drückend heiss und der Strom fiel täglich mehrfach aus, so dass die Hitze ohne Ventilatoren kaum auszuhalten war – dies spürten leider auch die Kinder und nahmen nur ungenügend zu in dieser Zeit.
Wir hatten nun auch einige Patienten ins
Tuberkulose-Spital zur Abklärung geschickt und ich bin gespannt, was sich dabei
ergibt. Bisher kam noch keiner zurück, was entweder daran liegt, dass unsere
Vermutung richtig war oder die Patienten nicht hin gingen…die Abklärungen im
Tb-Hospital sind zwar gratis, aber diese Krankheit ist irgendwie so negativ
behaftet, dass viele Patienten gar nicht hingehen wollen. Auch dies erfordert
oft längere und mühsame Gespräche (da via Übersetzer), bis die Patienten
verstehen, was der Sinn der Sache ist. Unser Patienten-Klientel stammt ja aus
einer Gesellschaftsschicht, von der ich ehrlich gesagt nie weiss, wie viele von
ihnen überhaupt lesen und schreiben können, geschweige denn wissen, wann sie
welches Medikament einnehmen müssen… aber den meisten Patienten geht es nach
unseren Behandlungen sowieso besser – wahrscheinlich ist doch eine ganze Menge
Plazebo-Wirkung mit dabei.
Eindrücklich ist auch, dass wir bei schlechtem Wetter
kaum Patienten sehen. Diese kommen dann meist zum nächsten Termin. Wir hatten
zu zweit schon knappe 60 Patienten an einem Vormittag (in 3.5h) behandelt. Wenn
man bedenkt, dass viel Zeit durch die Übersetzung „verloren“ geht, waren wir da
schon ganz schnell. Die Untersuchung an sich ist eben oft auch sehr schwierig,
da entweder ein Zug vorbei fährt, die Kinder der Schule auf der anderen Seite
der Mauer einen ungehörigen Lärm veranstalten oder der Regen auf das Blechdach
prasselt, so dass eine einfache Untersuchung wie das Abhorchen der Lunge
urplötzlich zu einer grossen Herausforderung wird. Die Privatsphäre wird auch
klein gehalten – jeder hört die Probleme des Nachbarn, da wir praktisch immer
alle im selben Raum sind.
Manchmal machen wir wirklich ein bisschen „Wild-West-Medizin“
hier und andererseits können wir mittels eines modernen Ultraschallgeräts doch
sehr viel an diagnostischer Technik bieten…und die Patienten sind sehr dankbar,
dass wir das Angebot so breit wie möglich halten und sie nicht ins Spital
müssen.
Die Krankheitsbilder sind doch sehr verschieden zu dem,
was wir bei uns täglich sehen. Hier klagen wirklich viele Patienten über
Hautprobleme. Häufig Ekzeme und auch nicht selten: Verbrennungen! Oft trifft es
kleine Kinder, die wohl beim Spielen gegen einen der kochenden Töpfe vor der
Hütte stolpern… den sicherlich tragischsten Fall der letzten Tage ist eine ca.
25-jährige Frau, die von ihrem Mann mit Kerosin übergossen wurde und
anschliessend mit einem Streichholz angezündet wurde! Tiefe Verbrennungen an
Hals und Dekolleté bis zu den Brüsten. Ja, die Stellung der Frau in diesem doch
sehr muslimischen Land lässt sehr zu wünschen übrig…
Bildung
Unserem Projekt sind insgesamt 3 Schulen angegliedert,
wobei die Schule im Korail-Slum mittlerweile anderweitige Unterstützung erhielt.
In Manda (1100) und Gandaria (600) erhalten aber doch immer noch viele Kinder
eine Schulbildung dank diesem Projekt. Das Bildungssystem ist natürlich
keineswegs mit dem unsrigen vergleichbar…die meisten Kinder gehen zwar bis zur
8. oder 10. Klasse in die Schule, danach wird’s aber immer teurer für die
Eltern. Mit den 10. Klässlern in unserer Schule ist eine (sehr) einfache
Unterhaltung auf Englisch gerade so knapp möglich. Aber was soll man mehr
erwarten von täglich 2-4h Unterricht…ja genau, mehr liegt meist nicht drin,
denn die Schulhäuser sind so überfüllt und die Klassen mit 30-35 Kindern auch
am oberen Limit, so dass die Klassen quasi im Schichtbetrieb durchgeschleust
werden müssen! Lehrer geniessen hier ein hohes Ansehen, sind aber mit ihren
60-70€ pro Monat verhältnismässig schlecht bezahlt.
Hier drum ein kleiner Spendenaufruf: falls jemand
Interesse hat, ein Slum-Kind zu unterstützen, soll er sich doch bitte bei mir
melden. Es ist möglich, eine Patenschaft für ein Kind zu übernehmen oder auch
einfach „unspezifisch“ Geld für ein Kind zu spenden, das Babul dann aussucht.
Kostenpunkt: € 5.50/Monat!! Darin inklusive: täglich eine warme Mahlzeit sowie
die Kosten für Schulbücher und natürlich die Lehrer. Wer also auf 2 Tassen
Kaffee pro Monat verzichten kann und will, bitte melden ;-)
Ausflüge
Bangladesch ist alles andere als ein touristisch erschlossenes
Land. Bei der deutschen Botschaft soll auch ein Plakat hängen mit dem Spruch „Komm
nach Bangladesch, bevor die Touristen kommen“. Dies trifft den Kern doch recht
gut. Die Hauptattraktion im Lande sind eigentlich immer noch die Touristen…
Wir verbrachten ein Wochenende im Süden, in den
Sunderbans. Das ist der grösste zusammenhängende Mangrovenwald auf Erden auf
einer Fläche von rund einem Viertel der Schweiz. Auch leben hier noch rund 200-400
bengalische Tiger in freier Wildbahn. Diese von einem auf den Kanälen fahrenden
Boot zu erspähen, ist aber ein Ding der Unmöglichkeit. Am eindrücklichsten war
für mich die Macht des Mondes. Ebbe und Flut zeigten gewaltige Differenzen, so
dass kilometerweit ganze Landstriche unter Wasser standen während der Flut.
Herden von Rehen und Hirschen waren auf kleinen Landflächen für Stunden
eingesperrt, bis die Ebbe nahte. Auch einer unser morgendlichen Bootsausfahrten
– mit nur einem Paddel! – musste abgebrochen werden bzw. das rettende Motorboot
zog uns zum Schluss gegen die Strömung zurück. Über das nächtliche
Zugfahrtserlebnis habe ich ja bereits berichtet.
Eine weitere Zugfahrt erlebten wir aber beim Ausflug zu
den Teeplantagen in Srimongal, im Nordosten des Landes. Eigentlich weiss
niemand so genau, wann der Zug fährt. Eine Abfahrtszeit steht auf dem Ticket,
der Zug kommt aber einfach, wenn er kommt…dies kann bis zu 3 Stunden später
sein, wie ich kürzlich erfahren durfte/musste… Die Teeplantagen sind zu Zeiten
der englischen Herrschaft entstanden. Im Nordosten gibt es darum Schwarztee-Plantagen
soweit das Auge reicht! Und wo kein Tee angepflanzt wird/wurde, da wachsen Reis,
Ananas, Datteln, Mango, Jackfruit oder Litschi. Letztere drei Früchte sind grad
in Hochsaison und schmecken einfach nur köstlich! Wir kamen auch in den Genuss
des 7-schichtigen Tees – angeblich etwas weltberühmtes und einzigartiges, aber
eigentlich wird der Tee einfach nur süsser, je tiefer man in der Schicht kommt;
Schwerkraft und das spezifische Gewicht des Zuckers lassen grüssen. Die
Rückfahrt aus Srimongal war dann etwas unangenehmer, denn meine Verdauung
spielte zum ersten Mal so richtig verrückt! Ich weiss jetzt, wie sich
Bauchschmerzen während einer 5-stündigen Zugfahrt anfühlen und man weiss, dass ein
Klo nur im allerschlimmsten Falle zur Verfügung steht. Das Zugsklo war wirklich
äusserst unangenehm und ich verstehe schon fast alle Männer, die einfach so aus
dem Zug pinkeln… nun ja, ich hab’s überlebt und bin wieder heil in Dhaka
angekommen und lange dauern diese „Magenverstimmungen“ ja nicht an.
Dann waren wir noch in der „Goldenen Stadt“, einer alten
Hauptstadt Ost-Pakistans (wie Bangladesch früher hiess). 3 Stunden Busfahrt
(mit unserem Privat-Bus!) für 30km! Der Verkehr hier ist einfach HORROR! Das
effektiv einzige Highlight in dieser Stadt war eine hinduistische Stupa sowie
die Mauern von einer verlassenen Hindu-Stadt. Ein wenig südlich davon war noch
ein Museum, das man in 10Minuten gesehen hat… der Ausflug lohnte sich aber
trotzdem, denn mal wieder etwas GRÜN zu sehen, tat richtig gut!Das National Museum in Dhaka ist etwa gleich schlecht, wie das soeben erwähnte Museum. Ja, es ist wohl das schlechteste Museum, das ich je besucht hatte. Mit 90 Rappen wohl auch das billigste… Alle „Dinge“ waren einfach der Reihe nach aufgestellt in Glasvitrinen. Praktisch zu keiner Vitrine gab’s eine Erklärung. Nur der Name des Kleidungsstückes, des Musikinstrumentes, der Münze oder was auch immer, aber alles in einem völlig losen Kontext. Im obersten Stock gab es noch eine „Schweizer Ecke“. Dinge, die die Schweizer Botschaft dem Museum gespendet hatte…nach der Besichtigung dieser Gegenstände wusste ich nicht mehr, ob die Schweiz oder Bangladesch ein Entwicklungsland ist…diese Gegenstände im Naturhistorischen Museum in Appenzell wären ja voll ok, aber mit so alten Gegenständen sollte man die Schweiz jetzt nicht unbedingt „anpreisen“ – das dürfte sich unsere Botschaft also wirklich etwas mehr ins Zeug legen!
Christoph hatte mich ja vor kurzem verlassen. Eine Woche
vor seiner Abreise, hatten wir eine Abschiedsparty organisieren lassen. „Party“
heisst hier: ESSEN. Babul hat aber für ein umfassendes Rahmenprogramm gesorgt,
so dass wir in den Genuss von traditionellem Tanz, Gesang und Musik kamen. Die
Kinder der Schule traten voll in Aktion und gaben ihr Gelerntes zum Besten!
Wirklich ein gelungener Anlass mit insgesamt 70 Leuten (alle Lehrer sowie die
Mitarbeiter von unseren „Aussenstationen“ in den Slums). Auch hatte er uns ein
kühles Bier organisiert, was in dieser doch stark muslimischen Kultur nicht
immer ganz einfach ist. Und für uns völlig unerwartet, wurden wir reichlich
beschenkt mit kleinen Erinnerungsstücken an Bangladesch und unsere Arbeit hier
in Dhaka. Es war ein durch und durch gelungener und schöner Anlass – leider begann
es zu regnen, so dass wir von der Dachterrasse in den „Essenssaal“ der Schule
wechseln mussten.
Mittlerweile hab ich nur noch 10 Arbeitstage vor mir. Ich freue mich auf ein Jogging in der Natur. Die Bewegung fehlt mir wirklich. Zwei- bis dreimal die 5-6Stockwerke hoch ist grad alles, was ich hier schaffe…mehr ist hier aber aus zwei Gründen nicht möglich: Luftverschmutzung und Hitze! Zudem wäre wohl der Park am Ende der Manda-Road der einzige Ort, wo sowas machbar wäre, ohne dass ich mich verlaufen würde… die Hitze war wirklich unerträglich in letzter Zeit – ich sehne mich nach abkühlendem Regen. Selbst nachts fällt die Temperatur (gemäss Internet-Wetter-Recherchen) nicht unter 26/27°C!! und wenn dann der Strom ausfällt und der Ventilator nur noch mit halber Kraft läuft…irgendwie freue ich mich auf den Schweizer Sommer... bis bald!
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